Wie ein Phönix aus der Asche Historisches Motorschiff Oesterreich

Vor etwas mehr als vier Jahren fiel der Startschuss für ein Projekt, das nun seiner Vollendung entgegengeht: Die Restaurierung des 1928 in Dienst gestellten Motorschiffes Oesterreich. Ähnlich der Hohentwiel wird sie wie ein Phönix aus der Asche steigen und im Frühjahr 2019 zu ihrer zweiten Jungfernfahrt aufbrechen.

Text DI Martin E. Uhlig  Foto DI Martin E. Uhlig; Gernot Kulhay; Holzmanufaktur Auer  Foto- und Textredaktion agenturengel  Published nobleSee 09, 2019

Wie so viele historische Schiffe hätte das Motorschiff Oesterreich eigentlich verschrottet werden sollen. Nach 80 Jahren im härtesten Betriebsdienst – als Passagierschiff und Eisbrecher, nach Umbau zur Torpedo-Abschussrampe, geplanter Versenkung durch die Nazis und nochmaligem Umbau unter den Mangel-bedingungen der Nachkriegszeit – war das Schiff an seiner Nutzungsgrenze angelangt und deshalb grundlegend renovierungsbedürftig, was sich aber unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht mehr rechnen sollte. Doch dieses Schiff war das erste große Dieselmotor-Passagierschiff am Bodensee; nach ihm wurde kein Dampfschiff mehr bestellt, nicht am Bodensee und auch nicht an den allermeisten mitteleuropäischen Binnengewässern. Dieses Schiff ist nicht nur technikgeschichtlich der direkte Nachfolger des modernsten und letzten Vor-Weltkrieg-I-Raddampfers Hohentwiel am Bodensee, sondern auch einrichtungsstilistisch: Auf den Jugendstil der Hohentwiel folgte das Art déco der Oesterreich. Da bei diesem Schiff deshalb auch die Emotionen zählten, kam es glücklicherweise anders. Wie sagte schon Gustav Mahler (angeblich): „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche!“ Und so fanden sich viele Freunde dieses technikgeschichtlichen Denkmales zusammen und gründeten den Verein „Freundeskreis MS Oesterreich e. V.“, der das Schiff nach etlichen Schwierigkeiten übernehmen konnte.

Zurück zum Ursprung

Der Rückbau in den (nahezu) Ablieferungszustand hätte den Verein aber überfordert. Deshalb fand sich innert kürzester Zeit grandioserweise ein weiterer Freundeskreis dieses Schiffes, der gemeinsam mit dem Verein eine GmbH gründete, welche die finanzielle Basis für den Rückbau, die grundlegende Renovierung und schließlich die Reaktivierung auf die Beine stellte. „Wenns läuft, dann läufts!“ Also kamen weitere Unterstützungen durch das Land Vorarlberg und die europäische INTERREG- Förderung hinzu, welche die finanzielle Absicherung dieses aufwendigen Projektes weitestgehend in Aussicht stellte. Generell dürfen die Freunde historischer Schiffe sehr dankbar sein, dass es sich durch so erfreuliche Fügung ergeben hat, dass die Oesterreich nicht nur langfristig betriebsfähig erhalten, sondern darüber hinaus auch in ihren ursprünglichen Zustand zurückgebaut werden kann. Dies darf ohne Zweifel und in großer Dankbarkeit gegenüber allen Unterstützern als kleines Wunder bezeichnet werden. Möge dies als markantes Beispiel modernen bürgerlichen Engagements betrachtet werden!
Als das Dampfschiff Hohentwiel vor 30 Jahren in seinen ursprünglichen Zustand zurückgebaut und wieder in Betrieb genommen werden sollte, gab es jede Menge Zweifler. Als es dann wirklich in Betrieb ging, gab es nur noch Befürworter. Der Erfolg hat viele Väter. Mit der Oesterreich wird es sich ähnlich verhalten. Die Oesterreich wird sich genauso zu einem „Leuchtturm-Projekt“ des Bodensee-Tourismus entwickeln, deshalb ist es nur naheliegend, dass man beide Schiffe gemeinsam anbieten und vermarkten wird, damit sich beide historischen Schiffe wirtschaftlich tragen können. Mit diesen beiden so dicht beieinanderliegenden Eckpunkten der Bodensee-Schifffahrtsgeschichte wird dem Bodensee-Tourismus sicher weitere internationale Bedeutung erwachsen. Die Bevölkerung der Bodensee-Region selbst wird an der „frischen alten“ Oesterreich ebenso Freude haben wie an der Hohentwiel.

Was für eine Augenweide

Die Oesterreich war das erste große Motorschiff am Bodensee, somit das modernste Schiff der Flotten der drei angrenzenden Länder Schweiz, Deutschland und Österreich. Die luxuriöse Erscheinung der Oesterreich begeisterte die Passagiere von Anfang an. Diese Begeisterung wird auch nach ihrer Restaurierung wieder aufleben. Viele Firmen aus nah und fern beteiligten sich (teilweise sogar durch Sponsoring) am Wiederaufbau der Oesterreich: Die Werft in Fußach, die Gießerei Dhonau aus Triberg im Schwarzwald kümmerte sich um den Guss der Namens-Buchstaben, Bootswerft Wagner aus Bodmann schuf die Rettungsboote, SIKA aus Zürich liefert Kunststoffböden und Abdichtungen, und mit dem gesamten Innenausbau ist die Holzmanufaktur Auer aus Innsbruck beauftragt. Heinrich Auer war ja auch schon mit der Ausstattung der Hohentwiel befasst. Seither wurden etwa 50 Schiffe von ihm ausgestattet und diverse Preise gewonnen. Die Oesterreich wird das vielleicht anspruchsvollste Schiffsprojekt.

Auf ein langes drittes Leben

Das Motorschiff Oesterreich wird gemeinsam mit dem Dampfschiff Hohentwiel vermarktet. Beide Schiffe ergänzen sich ideal: Technik-geschichtlich und Kunststil-geschichtlich ist die Oesterreich der direkte Nachfolger der Hohentwiel. Beide Schiffe sind in etwa gleich groß beziehungsweise bieten in etwa gleich viele Plätze am Tisch im Freien wie unter Deck. Beide Schiffe bieten denselben Komfort, die Oesterreich ist sogar barrierefrei. Da die Oesterreich auch wintersicher rekonstruiert wurde, kann sie das ganze Jahr über betrieben werden. Dadurch kann das Stammpersonal für beide Schiffe während des ganzen Jahres beschäftigt werden. Die Oesterreich ist damit nicht nur wichtiges Kulturgut, sondern sie sichert auch Arbeitsplätze. Wünschen wir der fast wie neuen Oesterreich ein langes drittes Leben, viele Freunde und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

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