Das Herz der Hohentwiel Die schrägliegende doppelwirkende Heißdampf-Zweizylinder-Verbund-Expansionsmaschine mit Kondensation

Text Eva Engel, Florian Pausch, Christian Hämmerle  Fotos Adolf Bereuter; Kerstin Beck; Roland Rasemann  Foto- und Textredaktion agenturengel  Published nobleSee 09, 2019

Sie fasziniert bis heute. Die Dampfmaschine war zweifelsohne eine der folgenreichsten Erfindungen der Menschheit. 1835 stiegen die Zürcher Hans Caspar Escher und Salomon von Wyss ins Schiffbaugeschäft ein. Sie erzeugten Dampfkessel, Maschinen und ganze Schiffsneubauten, 1839 mit dem Glattdeckdampfer Kronprinz auch erstmals für den Bodensee. Escher, Wyss & Cie lieferte hervorragende Qualität, die sich in der Praxis bewährte, und eroberte somit Kontinent und Kolonien.
Die Maschinenanlage der Hohentwiel steht mit Baunummer 582 quasi am Endpunkt der kontinuierlichen Weiterentwicklung bei Escher, Wyss & Cie. Mit der hochmodernen, teilweise ventilgesteuerten Maschine für das Dampfschiff Hohentwiel erreichte die Kunst des Radschiffsmaschinenbaus bei Escher, Wyss & Cie ihren Höhepunkt.
An Bord des Schaufelraddampfers Hohentwiel ist die Maschinenanlage so, wie sie 1913 von Escher Wyss Zürich an die Württembergischen Staatsbahnen geliefert wurde, im Einsatz. Die historische Dampfmaschine im Mittschiffsraum der Hohentwiel zieht mit ihren 950 PS alle Blicke auf sich und ist so für jeden Gast an Bord zu besichtigen. Pleuelstangen, Hebel, Kurbeln und Ventile schwingen auf Hochglanz poliert um die Wette. Mit maximal 16,7 Knoten bereist die Hohentwiel den Bodensee. Hinter Bullaugen sind die gewaltigen, rot lackierten Schaufelräder zu bewundern, die sich auf beiden Seiten des Maschinenraums unermüdlich im Wasser drehen. Bei den An- und Ablegemanövern zeigt sich, wie präzise auch mit über 100 Jahre alter Technik gearbeitet werden kann – und dass Schönheit und Funktionalität hier eine kräftige Symbiose eingegangen sind.

Mit Volldampf voraus

Die Antriebsanlage des historischen Schaufelraddampfers besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: den beiden Dampfkesseln, der Dampfmaschine und den beiden Schaufelrädern. Die Dampfkessel sind quasi Dreh- und Angelpunkt der Anlage. Von 1913 bis 1962 wurden diese mit Kohle beheizt. Bei ihrer Restaurierung im Jahre 1988 wurden zwei große neue Dampfkessel an Bord gehievt. Dabei wurde auf den umweltverträglichen Betrieb mit modernster Ölbrennertechnik und extraleichtem Heiz- öl umgestiegen. Es handelte sich dabei um zwei Flammrohr-Rauchrohr-Zweizugkessel mit nachgeschaltetem Plattenüberhitzer, gebaut 1988 von der Firma Huggler in Lauterach. Pro Stunde können heute in jedem Kessel mit à 7000 Liter Wasserinhalt 4 Tonnen Dampf erzeugt werden, bei einem Dampfdruck von 10 bar. Die Heizfläche inkl. Überhitzer beläuft sich auf stolze 143 Quadratmeter.
Die im Fachjargon benannte „schräg- liegende doppelwirkende Heißdampf-Zweizylinder-Verbund-Expansionsmaschine mit Kondensation“ wurde 1912 von Escher, Wyss & Cie in Zürich, wie auch das Schiff Hohentwiel selbst, entwickelt und gebaut. Sie war mit diesem Antrieb das damals modernste Schiff auf dem Bodensee. Während der Abnahmefahrt am 21. April 1913 übertraf die Hohentwiel alle Erwartungen. Mit 29,13 km/h Reisegeschwindigkeit fuhr sie allen anderen Dampfschiffen auf dem See auf und davon.

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