Auf Adlers Schwingen in den Kocholymp. Essen wie zu Hause, nur viel besser. Im Adler in Fläsch.

Die Tische in der gemütlichen Wirtsstube sind schlicht gedeckt. Unkompliziert und ohne Trara. Trotzdem hat ihn der Gault Millau gleich im ersten Jahr mit 14 Punkten ausgezeichnet: Seit René Lampart 2010 den Adler in Fläsch übernommen hat, überhäufen ihn die Gourmetkritiker mit Lob.

 

Text Irmgard Kramer  Foto Adler  Foto- und Bildredaktion agenturengel  Published kultuhr 42, 2013

 

Schwalben zischen über die Dächer. Unter Sonnensegeln in einer uralten Gasse wird kaltes Karotten-Ingwer-Jus serviert. Besteck klappert. Die Gäste tippen Brot in Olivenöl, unterhalten sich, lachen, geben genüssliche Laute von sich. „Das musst du probieren!“ Ansonsten ist es aussergewöhnlich still.

Ein Jugendlicher schiebt eine Handkarre vorbei. Radfahrer. Ein Wanderer mit einer Pfeife führt seinen Hund spazieren. Zwei spielende Kinder. Kein einziges Auto. Nur ein Bus, der von Bad Ragaz nach Maienfeld fährt. Gleich kommt s’Heidi mit’m Grossvater durch die Hintergass.

 

Spielerischer Umgang
Auf dem Teller duften gebratene Wassermelone mit Thunfisch-Sushi, Frischkäse und Rucola. René Lampart hat diese Vorspeise spontan kreiert, weil die Melonen am Markt heute Morgen so frisch waren. Er hat nicht einmal gekostet, aber seine Vorstellungskraft hat sich im Laufe vieler Jahre geschärft. Inzwischen weiss er, was zusammenpasst. Und er spielt gerne. Um flexibel zu bleiben, steht das Mittagsmenü nicht auf einer Karte.

Bevor die ersten Gäste eintreffen, isst René Lampart mit seinen drei Angestellten – ein Koch, zwei Servicefachangestellte. Eine davon ist seine Lebensgefährtin Birgit Grünbacher, die er in Kitzbühel kennengelernt hat. „In so einem kleinen Betrieb macht jeder alles: abwaschen, aufräumen, Gläser polieren.“

Zwei schmale Stockwerke muss Birgit Grünbacher im Sommer mit vollen Tellern bewältigen. Zur Hauptspeise serviert sie heute einen Tafelspitz, der auf der Zunge zergeht, knackige grüne Bohnen und Kartoffeln vom Bauernhof nebenan. Die Pfifferlinge hat ein Pensionist aus dem Dorf heute früh im Wald gesammelt und vorbeigebracht – zwei Kilo reichen.

 

Sanft und voller Herzblut
René Lampart wirkt entspannt und bescheiden. Von seinem Plan, als Schiffskoch durch die Welt zu reisen, ist er längst abgekommen. Es gefällt ihm hier. Auch wenn er sich insgeheim ein eigenes Restaurant im Weinberg wünscht. Klein muss es sein. Bestimmt besitzen die meisten seiner Gäste grössere Küchen als die, mit der er sich begnügt. Es macht ihm nichts aus. Hauptsache, die Gäste sind zufrieden.

In Luzern aufgewachsen, wollte René Lampart schon als Fünfjähriger Koch werden, half seiner Mutter „Wiahnachtsguezli“ zu gestalten und wurde Bäcker. Zum Dessert serviert er heute Schokoladekuchen mit Aprikosen-Pannacotta, Orangen-Glacé und geröstete Kürbiskerne. Man schmeckt sein Talent. Aber die Arbeitszeiten in der Bäckerei gefielen ihm nicht und er absolvierte eine Kochlehre in Emmenbrücke.

 

Hoher Besuch
Sobald die Küche blitzblank glänzt, begrüsst René Lampart seine Gäste. Darunter ein Ehepaar aus Frankfurt, das in Bad Ragaz eine Wohnung besitzt. Über Maienfeld durch die Weinberge sind sie hergewandert. „Der Adler ist das schönste unserer Wanderziele.“ Das dachte sich wohl auch eine Eventmanagerin, die eines Sonntags für ein Staatsoberhaupt einen Tisch wollte. Aber die wenigen Tische waren reserviert. René Lampart schickte die ganze Entourage spazieren. Nach zwei Stunden kamen sie wieder, zu acht, inklusive Fotografen. „Zwei Bodyguards durften mitessen, zwei standen Wache“, erzählt René Lampart schmunzelnd und serviert Espresso, dazu Mascarpone-Mousse, Spitzbube und Haselnussschnitte.

Bald hält die Weinlese das Dorf wieder in Atem. Sobald der Nebel durch die kahlen Weinstöcke kriecht und die ersten Flocken vom Himmel fallen, wird René Lampart Kalbskotelett mit Limone und Knoblauch aus dem Ofen holen und seine Gäste erwärmen– ihre Mägen und ihre Herzen.

 

 

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